Stephan Busch
Der langsame Tod der Deutschen Gastwirtschaften - Aktive Sterbehilfe von Staat und EU

In Deutschland machen immer mehr Gasthäuser zu. Einige machen maximal noch einen Tag die Woche auf. Oft wird überhaupt nur noch für Veranstaltungen aufgemacht. Es lohnt sich einfach nicht mehr. Die Kosten sind zu hoch und die Gäste werden immer weniger. Warum?
35.000 Schankwirtschaften haben in Deutschland seit 1994 Ihre Türen für immer zu gemacht. Wo es sonst normal war zum Kaffeetrinken zu gehen, die Mittagspause dazu zu nutzen das Tagesgericht zu bestellen oder das Feierabend Bier mit Kollegen und Freunden in der Kneipe zu trinken können es sich heute immer weniger Menschen erlauben ihr Geld dafür auszugeben.
Von den mehr als 70.000 Schankwirtschaften, die das Statistische Bundesamt noch im Jahr 1994 verzeichnete, gibt es heute nicht einmal mehr die Hälfte.
Beim Deutschen Hotel- und Gaststättenverband in Hessen, wird bis 2020 noch einmal mit einem Rückgang um 40 Prozent gerechnet
(Statistisches Bundesamt / FAZ 1.05.2015)

Warum ?
„Junger Wirt übernimmt Dorfkneipe“ war der eigentlich harmlose Titel eines Artikels im Spiegel vom 16.02.2018. Es beschreibt mehr den Niedergang der laendlichen und kleinen Gastronomie lässt allerdings bei der Suche nach den Gründen erheblich zu wünschen übrig. Als Gründe im Artikel werden nur die auseifernde Bürokratie - bestimmt auch zu recht- und die Preispolitik der Brauereien aufgeführt. Das lässt entweder auf schlechte Recherche schließen, auf absichtliches Verschweigen oder den Umstand das hier jemand einfach nur unqualifiziert einen oberflächlichen Artikel schreiben wollte. Das ist gelungen.
Es geht in Wahrheit allerdings sehr viel tiefer. Der Niedergang der Gastronomie und besonderes der Niedergang außerhalb der Großstädte ist eine direkte Folge vieler Faktoren - der Politik und der massiven Vorteile die Groß Konzernen eingeräumt werden. Dazu kommt noch die staatlich geförderte Konkurrenz von non Profit Gastronomie.
Die schwerwiegenden Gründe
Gaeste die nicht mehr kommen können
Massive Steuerliche Nachteile durch Deutsche und EU Gesetze
Unfaire Konkurrenz durch Firmen und Institutionen die keine oder fast keine Abgaben zahlen müssen
Sind Gaststätten einfach nicht innovativ und anpassungsfähig?

Antworten auf viele Fragen gibt es in den öffentlichen Fakten und Statistiken der Bundesrepublik Deutschland und Regierungstreuen und nahen Organisationen.
Nach dem 2. Weltkrieg und besonders zwischen 1950 und 1994 stieg die Zahl der Gastaetten in Deutschland was ein sicheres Anzeichen für Wohlstand der Mittel- und Unteren Schichten der Gesellschaft ist. Danach aber ging es nur noch steil bergab und bis heute sind über 30.000 Betriebe bankrott.
Jeder muss sich seine eigene Meinung bilden aber vieleicht haben die folgenden Fakten sehr dazu beigetragen das es mit dem traditionellen Gasthaus bergab geht.
Gaeste die nicht mehr kommen können
Es sind ein paar Millionen Gäste die heute nicht mehr kommen können und die immer wieder in Statistiken und Berichten erwähnt werden. Erschreckend ist das die meisten nicht mehr kommen können auch wenn sie es wollten.
Ein Grund – Altersarmut - war bis vor noch nicht all zu langer Zeit undenkbar in Deutschland. Rentner waren oft und gern gesehene Gäste in Gastwirtschaften. Sie haben Ihr Leben lang gearbeitet, in alle sozialen Kassen eingezahlt, Geld an die Seite gelegt aber viele können heute von Ihrer Rente nicht mehr leben. Seit 1994 sind die „Tafel“ eine Organisation die Lebensmittel an Bedürftige verteilt von 7 Tafeln ( 1994) auf über 900 Tafeln in Deutschland gestiegen. Traurig fuer ein reiches land wie Deutschland das sich als "Export Weltmeister" feiert aber die eigene Bevoelkerung nicht mehr ernaehren kann.
( Quelle: ww.tafel.de)
Die Zahl der von Armut oder Ausgrenzung bedrohten älteren Menschen in Deutschland ist in den vergangenen Jahren auf fast sechs Millionen gestiegen.
(Daten des Europäischen Statistikamts FAZ 8.02.2017)
Dazu muss man noch die juengeren zaehlen die auch unter der Armutsgrenze leben. Davon leben 860.000 als Obdachlose ohne Bleibe.
Für die kommenden Jahre erwartet die BAG W sogar eine weitere Zunahme der Zahl an Wohnungslosen: Von 2017 bis 2018 rechnet die Arbeitsgemeinschaft mit einem Zuwachs von weiteren rund 350.000 Menschen; insgesamt gäbe es dann circa 1,2 Millionen wohnungslose Menschen in Deutschland.
"Aber die wesentlichen Ursachen für Wohnungsnot und Wohnungslosigkeit liegen in einer seit Jahrzehnten verfehlten Wohnungspolitik in Deutschland, in Verbindung mit der unzureichenden Armutsbekämpfung."
(BAG W Geschaeftsfuehrer Specht. 14.11.2017 ZON)
Lt. EU-SILC 2012 und Pressemitteilung Nr. 361 vom 25.10.2013 des Statistischen Bundesamts leben in Deutschland 13 Mio. Menschen (16,1%) unter der Armutsgrenze
(EU-SILC 2012 Statistisches Bundesamt Pressemitteilung Nr. 361)
Dazu kommen die Menschen die im Niedriglohnsektor arbeiten also nicht mal genug verdienen um normal zu leben.
Mittlerweile verdient jeder fünfte Beschäftigte in Deutschland weniger als zehn Euro in der Stunde. Das sind in Zahlen 8,4 Millionen Menschen.
(Zahlen Arbeitsministerium,11. Dezember 2016, Quelle: ZEIT)
Dann haben wir noch
18,6 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund die sich verständlicherweise nicht unbedingt von einem Deutschen Gasthaus angezogen fühlen.
(Zahlen Quelle: Welt Wirtschaft Welt am Sonntag - Daniel Eckert 23.10.2017)
Laut dem Bundesamt für Migration kommen dazu 1,5 Millionen Menschen die ohne legalen Status sich in Deutschland aufhalten und damit nicht arbeiten und verdienen können.
„In Deutschland lebten zum Stichtag 30. April 2016--- 1.529.784 aufhältige Ausländer mit Bezug zum Asylverfahren, das heißt aktuell laufendes Asylverfahren oder bereits abgeschlossenes Asylverfahren.“
(Bundesamt fuer Migration & Fluechtlinge)
Nach Schätzungen der Migrationsforscherin Dita Vogel von der Universität Bremen befanden sich 2014 zwischen 180.000 und 520.000 „irregulär aufhältige“ Ausländer in Deutschland.Zu diesem Ergebnis kommen Vogel und ihre Forschungskollegen des Clandestino-Projekts durch Berechnungen auf Grundlage der Polizeilichen Kriminalstatistik. Auch das BAMF verwendet Zahlen der Forscher.
(Bundesamt fuer Migration und Fluechtige / Marcel Leubecher 08.06.2016 Welt Wirtschaft – Welt am Sonntag)
Nach Auskunft nur der Deutschen Behörden und der Statistiken sind das zusammen 40 Millionen Menschen die sich keinen noch so günstigen Gastronomiebesuch leisten können oder wollen. Bei 82 Millionen Einwohnern die Deutschland hat wären das fast 50% .Die Hälfte Deutschlands kann gar nicht mehr ins Gasthaus kommen! Das gab es noch nie. Wenn man dann Analysen von Forschern liest die behaupten das das Internet allein schuld am Gasthaus sterben ist kling das wie Hohn.

Von Staat und EU geförderte Steuerhinterziehung von Groß Konzernen drängen Gastwirtschaften zusätzlich in den Ruin.
Eine Gastwirtschaft und jedes Restaurant müssen in Deutschland neben allen anderen Steuern und Abgaben 19% Umsatzsteuer zahlen. Das ist viel wenn man die steigenden Preise für Produkte in den letzten Jahren bedenkt und man kann das nicht mehr komplett auf die Rechnung des Gastes setzen wenn man attraktiv bleiben will. Kaum jemand kann oder will 12 Euro für ein Bier bezahlen.
Somit verringert sich für den Betreiber der Gastwirtschaft wieder der Profit. Bei den steigenden Preisen und den stagnierenden Einkommen und wachsenden Niedriglohnsektor bei sinkenden Gaestezahlen kommt man schnell in die negativen Zahlen. Die Steuerbelastung gesamt für eine Gaststätte beläuft sich auf um die 30% Prozent
Das geht allen so? Nein! Es gibt Staatlich und EU geregelt die Möglichkeit die Steuern fast gar nicht zu zahlen. Aber nur für Groß Konzerne die sich international die richtigen Anwälte, Politiker und Lobbyisten leisten können. Die Gastwirtschaft muss weiter bis zu 30% Prozent zahlen und ist somit einem absolut unfairen Wettbewerb ausgesetzt den sie nur verlieren kann.
Besonders Fast Food und Coffeeshops sind eine billig Konkurrenz wie sie heute in jeder Kleinstadt anzutreffen sind. Diese investieren Millionen in Werbung, PR und Ausstattung und sind damit attraktiv für alle Altersgruppen aber die besondere Zielgruppe sind junge Leute. Sie können sich die Werbung leisten da sie fast keine Steuern zahlen müssen.
Die Gastwirtschaft zahlt bis zu 30% Steuern.
MacDonalds zahlt um die 2 % Steuern
Starbucks zahlt 0 – 1 % Steuern
McDonald’s soll Gewinne in Frankreich nach Luxemburg verschoben haben. Es geht um 75 Millionen Euro jährlich. Auch die EU-Kommission leitete ein Verfahren gegen McDonald’s ein, da der Konzern sowohl in Luxemburg als auch in den USA „praktisch keine Körperschaftssteuern auf seine Gewinne gezahlt hat“.
STARBUCKS – Null (0) Euro Steuern? Für die US-Kaffeehauskette Starbucks ist das die angenehme Realität. Laut einem Bericht des Handelsblatts hat der Konzern seit 2002 in Deutschland und seit 2004 in Frankreich noch nie Ertragssteuern gezahlt.
(Kontrast Redaktion - Veröffentlicht am 2. März 2017)
Dabei ist zu bedenken das im Gegensatz zu der klassischen Gaststätte Fastfoodketten wie MacDonalds riesige Müll mengen – Plastik, Papier, Kunststoffe - ohne ende produzieren was den Steuerzahler Geld kostet und – laut offizieller Gerichtsbestaetigung – Speisen auf niedrigstem Qualitäts Niveau herstellt. Auch für den Arbeitsmarkt sind diese somit staatlich geförderten Unternehmen schädlich da auch sie nur im Niedriglohnsektor, per Stunde oder Zeitvertrag einstellen.
Hier geht es nur um die Gastwirtschaften aber dieses Model ist normal und vom Staat und der EU gefördert. Daimler zahlt keine Steuern in Deutschland, BMW zahlt Steuern nur in Belgien – nicht in Deutschland – obwohl dort nicht ein einziges Fahrzeug produziert wird. Apple hat 13 Milliarden an Steuern nicht bezahlt und wird es auch nicht müssen. Die Liste ist lang! Wie soll der Deutsche Gastwirt damit konkurrieren?
(Quellen: Johann-Günther König: "Alle Macht den Konzernen" (1999). Hans-Peter Martin und Harald Schumann: "Die Globalisierungsfalle" (1998).

Unfaire Konkurrenz durch Firmen und Institutionen die keine oder fast keine Abgaben zahlen müssen
Ungleiche Wettbewerbsbedingungen, wie z. B. die steuerfreie Bewirtung in vielen Vereinsheimen, machen einen rentablen Betrieb, besonders in ländlichen Gegenden ohne Tourismus, schwierig. Dazu kommen sozial Projekte die wohl gut gemeint sind aber Kaffees sponsorn bei denen der Staat - von Steuergeldern - die Miete, Gehaelter und andere Kosten zahlt. Dazu kommen Shopping Malls oder Grossunternehmen wie IKEA die Restaurants zu absoluten billig Preisen anbieten um die Leute in den Einkaufszentren zu halten. IKEA zahlt alle Steuern? Nein - IKEA zahlt auch nur einen Witzbetrag da sie die selben EU Regeln nutzen.
Darüber hinaus machen der Bevölkerungsrückgang auf dem Land, die zunehmende Mobilität, ein geändertes Freizeitverhalten und eine stark veränderte Arbeitswelt den Wirtshäusern zunehmend zu schaffen. Stammtische und regelmäßige Treffen in der Wirtschaft werden kaum noch zum gemeinsamen Austausch genutzt. Kommunikation findet heute vermehrt in den eigenen vier Wänden und über diverse Social-Media-Kanäle statt.
Markt & Trend 16.04 2013
Sind Gaststaetten einfach nicht innovativ und anpassungsfähig?
Müssen Gastaetten innovativ sein? Ja – aber ein gutes Geschaeftsmodel muss man nicht von Grund auf ändern. Man muss es anpassen, instand halten und renovieren aber sonst ist es wichtig es zu bewahren. Deutsche Gasthäuser machen für die Deutsche Bevölkerung und internationale Gäste Sinn. Aber eine Gastwirtschaft die ums überleben kämpft – gegen die Pleite und das nicht von 9 – 5 Uhr sondern bis zu 18 Stunden am Tag an allen Feiertagen und Wochenenden– kann nicht mehr innovativ sein. Viele der jungen Leute die Gastwirtschaften übernehmen haben tolle Ideen , sind voller Energie und wollen einen Unterschied machen. Aber wenn sie auch noch gegen unfaire Wettbewerbsvorteile wie Steuerhinterziehung und Demoskopische Nachteile und Behörden kämpfen müssen bleibt die Wahl nur zu überleben oder aufzugeben. Gewinnen ist keine Option mehr – und das ist nicht die Schuld des Gastwirts. Innovation bleibt – leider auch Staats und EU gehindert – ein Traum den sie gerne leben würden – aber nicht dürfen.

Das Gasthaus um die Ecke braucht sie!
Der langsame Tod der Gast Häuser wird sich vielleicht schwer aufhalten lassen und vielleicht- wenn wir Pech haben - nur noch für Touristen überleben. Kein schöner Gedanke das wir vielleicht in der Zukunft in ein Kaufhaus gehen müssen oder zu MacDonalds um eine warme Mahlzeit zu bekommen. Doch hilft es nicht all die Nachteile zu beklagen. Man muss sie erkennen und auch öffentlich erwähnen. Es gibt immer einen Weg trotzdem erfolgreich zu sein wie sie Ihn einige Gasthäuser erfolgreich beschreiten. Es gibt erfolgreiche Gastwirtschaften die sieben Tage die Woche auf haben, Profit machen und damit Leben und Erfolg in die ländlichen Regionen bringen. Wenige – aber von diesen wenigen können wir – sollen wir - lernen. Steuerhinterziehung wie von Groß Unternehmen praktiziert und von der Politik unterstützt sind keine Alternative für kleine Gaststätten. Was dort straffrei praktiziert wird würde bei jedem Gastwirt streng bestraft werden. Wahrscheinlich würden wir uns auch nicht wohl fühlen können wenn wir uns auf ein so niedriges Niveau begeben würden.
Wenn sie nächstes mal abends weggehen denken sie dran : Das Gasthaus um die Ecke braucht sie!